Das Radio gehört für Jung und Alt – tausendmal totgesagt und wiederbelebt – nach wie vor zum Orchester der alltäglich genutzten Medien dazu. Ob im Auto oder mit dem Radiowecker im Schlafzimmer, in der Küche beim Frühstück oder zum Einschlafen, in der Autowerkstatt oder beim Friseur: Das Radio ist an und sendet Musik, Spots, Beiträge und Reportagen. Erfolg und Misserfolg eines Liedes hängt auch heute noch ganz erheblich vom Radio ab: Wird es gespielt, wie oft und wann? Die Entscheidung, einen bestimmten Sender zu hören, hat sich seit den 70er Jahren zu einem sozialen Distinktionsmerkmal entwickelt: Sag mir, welchen Sender du hörst und ich sage dir, zu welcher sozialen Gruppe du gehörst, wie alt du bist und welche kulturellen Präferenzen du hast und lebst. Die Entwicklung eines neuen exklusiven Mediums hin zum Massenmedium bis zum kulturellen Ausdrucksmittel sozialer Gruppen teilt das Radio mit dem Fernsehen und vermutlich perspektivisch auch dem Internet. Begleitet ist eine solche Entwicklung immer von empörten und kritischen Stimmen einerseits und begeisterten und befürwortenden Rufen andererseits. Vielen dürften die unterschiedlichen Urteile Bertolt Brechts über das Radio bekannt sein. Er erkennt im Radio eine Technik, die dazu angetan ist, Botschaften, die niemand braucht, penetrant an alle weiterzugeben oder sie geradezu erst zu generieren. Zugleich hat er die Hoffnung, dass im Radio Sender und Empfänger enger zusammenrutschen, so dass durch diese Technik eine echte Teilhabe an Öffentlichkeit für alle möglich würde. Anhand der Brechtschen Schriften zum Radio lässt sich exemplarisch nachzeichnen, welche Widersprüche und gesellschaftlichen Konfliktlinien im Zusammenhang mit dem Diskurs über die Medienentwicklung immer zum Ausdruck kommen.
Aber auch andere Stationen aus der Radiogeschichte lohnen eine genauere Betrachtung: Die Rolle des Radios in der Propaganda-Politik der Nationalsozialisten auf der einen Seite und das massenweise Hören der Sendungen der Alliierten im Krieg durch Deutsche andererseits zeigt, wie über die Medien um die Meinungsmacht gerungen wird. Spätestens seit dem Hörspiel „Krieg der Welten“ wissen wir auch, wie nah fiktionale und reale Welten beieinander liegen können und wie schwer es manchmal auch Erwachsenen fällt, die Welten auseinander zu halten. An der Radiogeschichte können Schülerinnen und Schüler also nicht allein etwas über die Veränderung von Hörgewohnheiten und Medien, sondern auch etwas über die Mechanismen der Wirklichkeitskonstruktion lernen. Was, wann, für wen Fakt ist, hängt ganz stark davon ab, wer in den Medien spricht und eine Stimme hat.
Die Schülerinnen und Schüler können sich in einem mediengeschichtlichen Projekt selbstständig über verschiedene Stationen der Radiogeschichte informieren und die relevanten gesellschaftspolitischen und (medien-) geschichtlichen Aspekte herausarbeiten. In einem Präsentationslauf (idealerweise in einem langen Flur) werden die Ergebnisse der Recherche und der Zusammenstellung der Informationen ausgestellt und von den Mitschülerinnen und Mitschülern kommentiert und mit Punkten bewertet.
Medien analysieren und bewerten
Gestaltungsmittel von digitalen Medienangeboten kennen und bewerten
Medien in der digitalen Welt verstehen und reflektieren
Vielfalt in der digitalen Medienlandschaft kennen
Chancen und Risiken des Mediengebrauchs in unterschiedlichen Lebensbereichen erkennen, eigenen Mediengebrauch reflektieren und gegebenenfalls modifizieren
Hinweis: Nähere Informationen zu den Kompetenzbereichen und dem Unterrichtsmaterial finden Sie in der „Didaktischen Landkarte“ im Bereich „Didaktik“.
Projektarbeit vorstellen.
Computer mit Internetzugang
Monitor, Beamer oder anderes Projektionsgerät
Video: „William Cohn über die Zukunft des Radios“ (04:29)
Aufgabenblatt: „Beiß dich fest – aus der Geschichte des Hörfunks“ (DOC)
Auswahl der Interessensschwerpunkte und Recherche zu den „Sternstunden des Radios“, eventuell auch außerhalb der Schule in Bibliotheken.
Die Schülerinnen und Schüler erstellen eine Mind Map, erarbeiten skizzenhaft gesellschaftspolitische und zeitgeschichtliche Hintergründe und entwickeln eine Collage zu der Zeit und der ausgesuchten „Sternstunde“. Es geht hier um eine Kartierung der Medienentwicklung und nicht um eine umfassende Beschreibung der zeitgeschichtlichen Zusammenhänge.
Computer mit Internetzugang
großes Plakatpapier, Filzstifte
Aufgabenblatt: „Beiß dich fest – aus der Geschichte des Hörfunks“ (DOC)
Erstellung und Vorbereitung einer Präsentationswand: Geschichte und Sternstunden des Radios.
Klebeband
Bertolt Brecht zum Thema Radio:
Radio – Eine vorsintflutliche Erfindung? In: Bertolt Brecht: Gesammelte Werke in 20 Bänden. Bd. 18, 133.–137. Tsd., Frankfurt a. M., S. 119–121
Vorschläge für den Intendanten des Rundfunks. In: Bertolt Brecht: Gesammelte Werke in 20 Bänden. Bd. 18, 133.–137. Tsd., Frankfurt a. M., S. 121–123
Über Verwertungen. In: Bertolt Brecht: Gesammelte Werke in 20 Bänden. Bd. 18, 133.–137. Tsd., Frankfurt a. M., S. 123–124
Erläuterungen zum „Ozeanflug“. In: Bertolt Brecht: Schriften zur Literatur und Kunst. Bd. I. Suhrkamp Verlag, S. 128–131
Der Rundfunk als Kommunikationsapparat. In: Bertolt Brecht: Gesammelte Werke in 20 Bänden. Bd. 18, 133.–137. Tsd., Frankfurt a. M., S. 127–134